Im nordamerikanischen Profisport gibt es wahre Wortakrobaten, die es gern darauf anlegen, gegnerische Spieler oder Trainer verbal zu provozieren. Um ein Foul zu forcieren, eine Strafe herauszuholen oder ganz schlicht den Gegner mental aus dem Konzept zu bringen.
Der Trash Talk unter Spielern ist im Eishockey oder im American Football eine nicht jugendfreie Taktik, die stillschweigend legitimiert ist. Von den Schiedsrichtern, von Trainern, Spielern, Zuschauern, auch von der Öffentlichkeit. Würde man die per Mikrofon aufgefangenen Beleidigungen sanktionieren, hätte die Disziplinarkommission einen Vollzeitjob zu erfüllen.
Warum der Exkurs? Der verbale Ausrutscher von Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl beim Heimspiel gegen Hoffenheim war eben kein Trash Talk im vorsätzlichen Sinn: Die offensichtliche Wortwahl “Du kleiner Pisser” gegenüber Hoffenheims Cheftrainer Julian Nagelsmann fiel aus der Emotion einer strittigen Situation an der Seitenlinie heraus.
Natürlich könnte die Deutsche Fußball-Liga (DFL) nun hergehen, den Zeigefinger heben und Eberl für die Beleidigung abstrafen. Dagegen könnte Eberl, außerhalb der Seitenlinie ein untadeliger und gradliniger Sportdirektor, kaum etwas unternehmen. Das wäre von Seiten der DFL aber so, als würde man per Kanone auf eine Ameise zielen.
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Einzig das sicher nicht unabsichtlich nah an den Trainerbänken platzierte Sky-Mikrofon fing die Beleidigung für die Öffentlichkeit auf. Was ein zu zahlender Preis der Fußballprofis ist, die sich gerade auch über das Fernsehgeld fürstlich entlohnen lassen.Dazu hat der übertragende Sender sicher auch nichts gegen ein bisschen Trash Show einzuwenden. Sie ist sogar willkommen, um vom Zuschauer mitbezahlte Expertenrunden spritziger zu gestalten. Auf Eberls Kosten, versteht sich.
Max Eberl hat sich nach dem 3:3 bei Julian Nagelsmann umgehend entschuldigt und so den Sportsgeist gewahrt. Emotionen dürfen, nein, müssen im Sport sein. Sonst macht der Wettkampf schlicht keinen Sinn. Nur sollten sich die Kontrahenten hinterher wieder in die Augen sehen können. Bei aller Verbissenheit im Kampf um drei Punkte.
In jener Verbissenheit unterscheiden sich nämlich ein Bundesliga-Sportdirektor und ein Kreisliga-B-Trainer nicht. Was beruhigend ist. Und: Der Kreisliga-B-Trainer weiß, dass bei seinen Spielen selten Sky-Mikrofone an der Seitenlinie lauern.